Schon längere Zeit war ich auf der Suche nach einem kleinen Zweizylinder-Hatz-Schlepper.
Nachdem sich über Jahre jedoch nichts passendes ergeben hatte, war im Sommer 2013 die Chance da: ein Traktor mit Zweizylinder, ein Güldner A2KS (Spessart), Baujahr 1962, 15 PS mit
Heck-Hydraulik und hydraulischen Mähwerk
Zum Vergleich ein Foto des kleinen Güldner etwa zwei Jahre später.
Als Nachfolger des Güldner AK kam 1959 der Güldner A2K auf den Markt. Anfangs hat er kurz den Beinamen "Sprinter II", schon nach einem Monat wird er der sog. "Europa-Reihe" zugeordnet und erhält
hier die Verkaufsbezeichnung "Spessart". Es gibt folgende Untervarianten: A2KN (grün lackiert, bis etwa 1962) und A2KS (rot lackiert). Der Nachfolger des Güldner A2KS, der Güldner G15 erhält nur
eine neue Optik entsprechend der G-Reihe, bleibt aber technisch identisch.
Argumente, die für den kleinen sprachen:
Hydraulik, Mähwerk, relativer guter Allgemeinzustand, für seine 15 PS und Zweizylinder ein echt wendiges Kraftpaket und er hat dasselbe ZF A4-Getriebe verbaut wie mein Hatz H113 (da kenn ich mich
aus)
Wie ging es dann los?
Was als erstes geschah:
- Motoröl gewechselt
- Getriebeöl gewechselt
- Hydrauliköl gewechselt
- Luftfilter gereinigt (das war mal dringend nötig, nach dem vorhandenen
Ölschlamm zu urteilen war das länger nicht mehr geschehen, nun raucht der
kleine unter Volllast deutlich weniger!)!
- Filter des Hydrauliköls ausgewaschen
- Dieselfilter erneuert
- Bremsen neu belegt
- Hinterachse abgedichtet
- Ventile neu eingestellt
- Ölkühler gereinigt (auch das war mal dringend nötig!)
- den Originalsitz (der in einem erbärmlichen Zustand war) habe ich durch einen
gefederten und verstellbaren Fahrersitz ausgetauscht
- Auspuff und Krümmerrohr waren durchgerostet, weshalb ich mich entschieden
habe, die ganze Sache nachzubauen:
Danach ein wenig "Optik":
Den Traktor habe ich zunächst mit Waschbenzin und Aceton von Öl- und Fettschleier befreit. Ich wollte mal sehen, was "Drunter" steckt. Der Schlepper an sich ist schön patiniert. Roststellen sind
lediglich an den hinteren Kotflügeln vorhanden. Da Armaturenbrett und Motorhaube aus Aluminium-Guss bestehen hat er die typischen Farbabplatzer und teilweise auch Aluminiumrost. Deswegen habe ich
mich auch dazu entschieden, eine Teillackierung zu machen, auch um die Substanz zu erhalten.
Vom Vorbesitzer war mal der komplette Schlepper mit "Bauernblind" übertüncht worden, vermutlich musste es schnell gehen, abgeklebt wurde nichts:
der Fritz-Meier-Überrollbügel ebenfalls abgeschliffen und neu lackiert:
Der Güldner hatte leider nur auf einer Seite einen Sitzbügel (zu sehen auf meinem ersten Bild). Da man Kinderaugen immer zum Strahlen bringt, wenn sie Traktor mitfahren dürfen musste noch ein weiterer Sitzbügel her - natürlich originalgetreu! Ein Sitzbügel für die rechte Seite gab es früher laut Prospekt als Sonderausrüstung. Also Sitzbügel für die rechte Beifahrerseite nachgebaut, Kotflügel ausgebeult, entrostet und lackiert:
Dann war das Armaturenbrett und die Elektrik dran:
frisch lackiert, neue Anzeigeleuchten und ein neuer Betriebsstundenzähler (jetzt kann ich den Traktor als fabrikneu verkaufen );-)
Beim Ausbauen des Armaturenbretts war ich schon erstaunt, als zu erkennen war, dass der Tank einstmals grün lackiert war. Offensichtlich stammt mein Güldner aus der Umstellungsphase als man die
Lackierung von grün in güldner-rot geändert hat (wahlweise gab es die Schlepper der A-Serie auch in blau!). Nach meinen Informationen wurden ab 1962 alle Güldner Modelle in rot ausgeliefert und
durch die technischen Veränderungen wurde die Typenbezeichnung vom A2KN in A2KS geändert.
Verölte Zylinderkopfhauben
Mir fiel immer wieder auf, dass es einen Ölaustritt im Bereich der Zylinderkopfhauben gab.
Die Dichtungen waren einwandfrei. Es hatte den Anschein, dass Öl aus den Dosierölern auf den Zylinderkopfhauben austritt:
Der Dosieröler ist eine Vorrichtung, die den Kaltstart des Motors bei extremen Temperaturen erleichtern soll:
Hierzu soll z.B. eine Mischung aus zwei Teilen Motoröl SAE10 und einem Teil Diesel eingefüllt werden. dann muss der Dichtkegel nach unten gedrückt werden, damit das Gemisch n den Zylinder laufen
kann.
War jetzt etwa die Druckfeder erlahmt, die den Dichtkegel zur Abdichtung drückt? Eine andere Möglichkeit wäre, dass die Kompression so schlecht wäre, dass Abgase über den Ansaugkanal zurückblasen
werden. Auch schlecht schließende Ventile können evtl. ein Grund sein. Schwierig auszumachen... Am einfachsten wäre es gewesen, eine Bildverschraubung statt der Dosieröler einzubauen. Doch ich
wollte der Sache auf den Grund gehen.
Erst ein genauer Blick (LED-Leuchte + Fadenzieher) in den Öler brachte die Ursache zum Vorschein - der Vorbesitzer musst den Dichtkegel wohl mal mit einem Streichholz nach unten gedrückt haben,
das dann abgebrochen war. Kein Wunder konnte der Kegel nicht mehr richtig abdichten. Es war dann ein ziemliches Gefummel, die Streichholzreste aus dem Öler rauszuholen.
Nun ist der Zylinderdeckel wieder "trocken".
Das Mähwerk
Offensichtlich wurde der kleine Güldner hauptsächlich als Mähtraktor eingesetzt.
Und genau dafür will ich ihn auch einsetzen: zur Pflege von Streuobstwiesen!
Das Mähwerk war in einem erbärmlichen Zustand:
- wackelnde und abgebrochene Mähmesserklingen Rasspe RS7500
- Kopfbandnieten lose (Kreuzschlitzschrauben waren zu Nieten umfunktioniert worden etc.)
- teilweise fehlten die Fingerplatten Rasspe RS 1532
- von der Mähwerksabdeckung waren nur noch Fragmente vorhanden
Auch hier hatte ich Glück, im Internet konnte ich eine gebrauchte Abdeckung finden.
Interessanterweise war die Originalfarbe grün, wurde dann in rot überlackiert bis der letzte Besitzer dann über allen Dreck/Fett/Farbereste dann blau gestrichen hat:
Vom gleichen Anbieter konnte ich auch noch Kotflügel für die Vorderräder ergattern. Dies waren einst auch als Sonderausrüstung gegen Mehrpreis erhältlich:
- leider war bei dem Traktor kein Schwadblech dabei
Glücklicherweise konnte ich im Internet ein originales Schwadbrett ergattern:
Natürlich wurde auch die Mähwerksaufhängung, Schleppstange usw. aufgearbeitet
Der Mähwerks-Innenschuh RS 1885B hatte einen Riss, den man eigentlich schweißen konnte, die Innenschuhsohle war schon abgenutzt, die Schuhplatte fehlte komplett...
Im Internet fand ich glücklicherweise einen Schnellverschluss-Innenschuh Rasspe RS 7520, so dass ich mein Mähwerk umbauen konnte.
Nebenbei angemerkt: Das Mähwerk des A2KS hängt ziemlich hoch am Traktor, was eine große Bodenfreiheit bietet. Ich hätte aber zum Einfahren in die Garage jedes Mal den Straßenfahrhaken (Rasspe RS
1485 A) des Mähbalkens aushängen müssen um nicht das Garagentor zu streifen. Einmal vergessen und schon hätte es gerumst... Jetzt wird der Mähbalken nur angebaut, wenn`s zum Mähen geht!
Ein weiteres Indiz dafür, dass der Spessart als Mähtraktor fungierte - die einseitig abgenutzte Seilrolle war mal gebrochen und vom Vorbesitzer behelfsmäßig "zusammengeflickt" worden. Ich habe natürlich eine neue Seilrolle aus Guss eingebaut - zwar nicht Original aber der Zweck heiligt die Mittel (Original gibt`s nicht mehr) (sh. Foto):
Motorhaube
Ich hatte ja schon berichtet, dass die Haube, die aus Aluminium-Guss besteht etliche Farbabplatzer hatte und unter Aluminiumrost litt.
Zur Konservierung war es unabdingbar, die Haube zu überarbeiten.
Mit einem Negerkeks habe ich alles was an Farbe vorhanden war runtergeholt. Anschließend gespachtelt, grundiert und wieder in güldnerrot lackiert:
Hier noch ein paar Detailfotos:
Was ich nur jedem Güldner-Besitzer empfehlen kann: benutzt ein Haubenauflageband!
In Original reibt Metall auf Metall (Haube auf Armaturenbrett) - ich habe hier ein Haubenauflageband eingeklebt (mit Würth "Klebt und dichtet").
Ergebnis: kein Scheuern mehr und optisch durchaus reizvoll.
Lenkung
Ein Regentag hat mich dazu verleitet, mal wieder am Spessart zu schrauben: Heute waren die Schutzkappen der Spurstangenköpfe dran.
Diese waren schon etwas porös und sollten ausgetauscht werden. Die Spurstangen selber sind noch in Ordnung. Um die Schuzkappen austauschen zu können musste ich mir ein Spezialwerkzeug ausleihen: einen Spurstangenkopfabzieher. Damit konnte der Konus der Spurstange (12-14 mm) aus dem Lenkhebel "ausgeprellt" werden.
Aus Sicherheitsgründen habe ich mich dazu entschlossen, ein Fernthermometer einzubauen. An diesem Anzeigegerät wird die Temperatur des hinteren Zylinders gemessen und angezeigt. Sollte die Anzeige in den roten Bereich gelangen - dann sofort Motor abstellen!
Bei einer Probefahrt mit Belastung (beladener Anhänger bergaufwärts) wurde ein Drittel der Anzeige nicht überschritten. Dies spricht dafür, dass die Luftkühlung des Motors sehr gut funktioniert!
Für Interessierte: Das Fernthermometer war bei Güldner als Sonderausstattung / Sonderausrüstung zum damaligen Preis von 30 DM erhältlich.
Motorrevision am Güldner 2LKN im Winter 2014/2015
Den Winter habe ich genutzt, um mich um den Motor zu kümmern und habe diesen in einer Werkstatt zerlegen lassen, da an der einen oder anderen Stelle Undichtigkeiten vorhanden waren und Öl heraustropfte. Auch war auffällig, dass der Motor unter Last leicht rauchte. Meine Vermutung war, dass die Einspritzdüse nicht mehr ordentlich funktioniert.
Beim Zerlegen war gleich klar - das wird eine größere Angelegenheit!
Die Dichtungen waren allesamt brüchig - kein Wunder bezüglich der Undichtigkeiten. Ein Kolbenring war gebrochen und an den Kolbendächern waren Risse vorhanden weshalb ich mich entschloss, diese auszutauschen - nicht dass es zu größeren Schäden kommt, wenn da demnächst wieder richtig Kompression vorhanden ist.
Aufgrund eines Hinweises des Teilehändlers habe ich dann auch noch neue Laufbüchsen bestellt und einbauen lassen.
Undichtigkeiten im Bereich der Einspritzpumpe habe ich durch Einsatz von Dichtmittel beseitigt.
Hier der neu abgedichtete Motor - insbesondere die Dichtungen an den Ventilrohren waren "pulverisiert".
Hier der Blick auf die Düsenhalter.
Zylinderkopf / Rippen und die Kühlluftführung sind perfekt sauber!
Neue Bereifung
Bei den vorhandenen Hinterreifen war einer schon komplett abgefahren, der andere ging grad noch so... Auf dem Markt erhältliche Traktorreifen mit 9-24 / 9,5 -24 AS gibt es in einer großen Preisspanne - von den billigen Importreifen (120 Euro/Stück) bis hin zu den teuren Markenreifen (350 Euro/Stück). Ich habe mich für den "Mittelweg" entschieden und Reifen der Firma Starmaxx (150 Euro/Stück) montiert.
Starmaxx ist eine Reifenmarke, die zur türkischen AKO Firmengruppe gehört.
Der Reifenhersteller investiert kontinuierlich in eigene Forschung, Entwicklung und Produktionsstätten . In den letzen Jahren flossen besonders viele Ressourcen in den Produktbereich
Landwirtschaftsbereifung.
Hydraulik
Das Hydraulik-Steuergerät HY SEC (HY/SEC) von Bosch wurde mittels verschiedener O-Ringe und Kupferdichtungsringe neu abgedichtet.
Lenkgetriebe + Lenkrad
An dieser Stelle ein wichtiger Hinweis zur Lenkung - vernachlässigt Euer Lenkgetriebe nicht!
In den meisten kleineren Oldtimer-Traktoren sind ZF Ross-Lenkungen verbaut. Hier gehört kein Fett rein sondern Öl (Getriebeöl SAE90). Leider gibt es keine "Ölstandsanzeige" - deswegen:
regelmässig kontrollieren! Ersatzteile sind schwierig zu bekommen, einen abgenutzten Lenkfinger instand zusetzen kostet ein Vermögen!
Das Lenkgetriebe beim Güldner A2KS sitzt im Mittelachsbereich - da kommt man super dran...
Man sieht auf dem Foto links unter dem Antrieb die Stellschraube mit der man die Lenkung nachstellen kann. rechts mit dem Vierkant ist der Öleinfüllstutzen. Es müssen 130 ml Öl eingefüllt sein!
Bei der Gelegenheit habe ich das Lenkrad abgenommen und die Lenkspindel kontrolliert. Die Kugellagerbuchse war ausgelutscht und wurde erneuert.
Ich habe dann gleich ein neues Lenkrad montiert, da das alte doch schon ziemlich abgegriffen war.
Die Aufnahme an der Lenkspindel hat einen Konus von 20,5 auf 21,5 mm mit einer 5 mm Scheibenfeder.
Folgende Teile wurden im Zuge der Restauration ausgetauscht bzw. erneuert:
Dieselfilter
Fahrersitz
Auspuff (neu angefertigt)
Krümmerrohr (neu angefertigt)
Beifahrersitz rechte Seite (neu angefertigt)
Rohrkappen + Schraubenabdeckungen Fritz-Meier-Überrollbügel
Betriebsstundenzähler
Anzeigeleuchten
Güldner-Emblem
Güldner-Schriftzug
Dichtungssatz Motor
Kolben
Kolbenringe
Ausgleichsringe
Laufbüchsen
Mähmesserklingen Rasspe RS7500
Kopfbandnieten
Fingerplatten Rasspe RS 1532
Abdeckung Mähwerk Kurbelschutz RS 5416 K
Schwadblech Rasspe RS 9422
Schnellverschluss-Innenschuh Rasspe RS 7520
Seilrolle Rasspe RS 6338
Stahlseil RS 6341
Kotflügel Vorderräder
Fernthermometer
Reifen 9,5 - 24 AS
Lenkrad
Fortsetzung folgt...